Was ist BIM?
Nimmt man die Abkürzung BIM unter die Lupe ergeben sich neben Building Information Modeling weitere Begriffsgruppen. Beispielsweise kann dafür auch Bauwerks-Informations-Management stehen.
Bauwerke
Bei BIM stehen Bauwerke im Mittelpunkt, die geplant, gebaut und betrieben werden müssen. Das können sowohl Gebäude als auch infrastrukturelle Baumaßnahmen wie Stellwerke von Gleisanlagen, Straßenbauanlagen (z. B. Brücken), Kläranlagen, Tankstellen oder Industrieanlagen sein.
Informationen
In Hinblick auf den Infrastrukturbau sind für die Planung eines Bauprojektes u. a. folgende Informationen relevant:
- fertigungsrelevante Informationen von Herstellern (z. B. Toleranzen, Bauteileigenschaften)
- bauablaufrelevante Informationen (z. B. zeitliche Verfügbarkeit, Lagerung vor Ort, Trocknungs- und Aushärtungszeiten)
- betriebsrelevante Informationen (z. B. Wartungsintervalle, Lebensdauer, Belastbarkeit)
- Informationen bezüglich des Rückbaus (z. B. Recycling, Entsorgung des Materials)
Management
Das Management der Infrastrukturplanung ähnelt der des Hochbaus. Es gibt also jeweils einen BIM-Besteller – in der Regel der Bauherr oder Generalunternehmer. Dieser entscheidet, ob das Projekt BIM-konform umgesetzt werden soll. Dafür engagiert er einen BIM-Manager, der das Projekt auf Auftraggeber-Seite steuert. Auf der Auftragnehmer-Seite gibt es hingegen einen BIM-Gesamtkoordinator. Er verfügt über die Gesamtleitung des Projektes. Diesem unterstellt sind dann einzelne Fachplaner für z. B. den Tiefbau, Ingenieurbau usw. Diese können jeweils über einen BIM-Koordinator verfügen, müssen aber nicht. Die Grafik „BIM-konforme Projektorganisation im Infrastrukturbau“ zeigt diese Zusammenhänge noch einmal übersichtlich auf:
Welche Unterschiede gibt es zwischen BIM im Hochbau und im Infrastrukturbau?
Die BIM-Nutzung wird bei Aufträgen durch die öffentliche Hand ab 2020 gesetzliche Vorschrift. Da Infrastrukturprojekte fast ausschließlich durch die öffentliche Hand vergeben werden, stehen die Verantwortlichen unter höherem Zeitdruck, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Da solche Projekte durch Steuergelder finanziert werden, besteht durch das daraus resultierende öffentliche Interesse ein größerer Erfolgsdruck. Bei privaten Hochbauprojekten hingegen entscheidet der Bauherr, ob BIM genutzt wird oder nicht.
Es gibt jedoch auch inhaltliche Unterschiede. Somit beschränken sich Hochbauprojekte auf ein relativ kleines Gebiet. Infrastrukturbaumaßnahmen umfassen hingegen in der Regel ein deutlich größeres geografisches Ausmaß (z. B. Autobahnen). Außerdem wird im Infrastrukturbau das Konzept der Trassierung angewandt. Im Hochbau wird mit Geschossebenen gearbeitet.
Stufenplan des BMVI zur BIM-Implementierung
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) stellte einen Stufenplan auf, um BIM im Infrastrukturbau zum Standard zu etablieren. Das Ziel ist die Einführung moderner, IT-gestützter Prozesse und Technologien bei Planung, Bau und Betrieb von Bauwerken. Dabei erklärt er Grundlagen, zeigt Potenziale und Ziele auf, beschreibt das Leistungsniveau 1. Außerdem legt er Handlungsfelder und Maßnahmen dar und gibt einen Ausblick. Das BIM-Niveau 1 umfasst die folgenden Aspekte:
- Die Projektabwicklung sollte durchgängig BIM-gestützt verlaufen
- Planungskoordination, Planerstellung, Mengen- und Kostenermittlung sowie Bauablaufplanung erfolgen unter Verwendung von 3D-Planungsmodellen
- Verwendung einer zentralen Datenplattform zur Verwaltung von 3D-Modellen und abgeleiteten Zeichnungen
- Übergabe der Daten sowohl in herstellerneutralen als auch in originären Datenformaten
- Baufortschrittskontrolle, Abrechnung und Mängelmanagement anhand von 3D-Modellen während der Bauausführung
- Übergabe der Modelle zur Verwendung im Betrieb und in der Instandhaltung
Arbeitsgemeinschaft BIM4INFRA2020
Die Arbeitsgemeinschaft BIM4INFRA2020 wurde im Oktober 2016 durch das BMVI beauftragt. Ihr Ziel ist es, die Voraussetzungen für die Umsetzung des BIM-Stufenplans zu schaffen. Also dafür zu sorgen, dass das BIM-Niveau 1 erreicht wird. Zu den Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft zählen folglich:
- Entwicklung eines erreichbaren Leistungsniveaus für die Einführung von BIM
- Begleitung der Pilotprojekte und Ausweitung Pilotphase
- Untersuchung von Rechtsfragen
- Erarbeitung von Empfehlungen für zukünftige Vertragsgestaltung
- Bereitstellung von Leitfäden und Muster für die Vergabe und Abwicklung von BIM-Leistungen
- Identifikation von Anforderungen an einheitliche Datenstrukturen
- Erarbeitung eines einheitlichen Datenbankkonzepts/BIM-Bibliothek
- Information und Öffentlichkeitsarbeit
Pilotprojekte des BMVI
Um BIM im Infrastrukturbau zu etablieren und die Vorteile darzulegen, wurden mehrere Pilotprojekte umgesetzt. Im Folgenden stellen wir eins vor:
Brücke über das Auenbachtal
Das Projekt der DEGES betrifft eine vierspurige Bundesstraße (B107) im Osten der sächsischen Stadt Chemnitz. Das geplante Infrastrukturprojekt soll eine Bahnstrecke überbrücken. Bei diesem Projekt wurden folgende BIM-Ziele verfolgt:
- Verbesserte Organisation, Kommunikation und Schnittstellenkoordination durch einheitliche, interdisziplinäre, modellorientierte Bearbeitung
- Verbesserung der Planungsqualität durch integriertes Arbeiten an einem gemeinsamen Modell
- Effizienteres Risikomanagement durch höhere Transparenz der gesamten Planung
- Höhere Termin- und Kostensicherheit durch verbessertes Änderungsmanagement
- Höhere Qualität der Projektinformationen durch flexible Visualisierung aus den Modellen
Weitere Informationen zu diesem Pilotprojekt finden Sie auf der Website der ARGE INFRABIM.
BIM-Leitfäden und Vorgaben
Die zwei bekanntesten deutschen BIM-Leitfäden sind zum einen der 109 Seiten umfassende BIM-Leitfaden für Deutschland des BMVI und zum anderen die etwas ausführlicheren BIM-Vorgaben der Deutschen Bahn (368 Seiten).
Einsatz von Software zur Umsetzung von BIM im Infrastrukturbau
Die Planungswerkzeuge im Infrastrukturbau entwickeln sich stetig weiter. Im Fokus steht dabei die Verbesserung der Zusammenarbeit der Projektbeteiligten. Beispielsweise indem Schnittstellen zu Software gleicher Hersteller sowie zu Fremdsoftware zur Verfügung stehen. Außerdem sind Produkthersteller bestrebt, ihre Produktpalette soweit zu erweitern, dass der ganze Lebenszyklus eines Bauwerks durchgängig abgebildet werden kann. Dies kann durch Eigenentwicklungen erfolgen oder durch Kooperation mit anderen Herstellern.
Eine solche durchgängige Softwarelandschaft ist zum Beispiel die Architecture, Engineering & Construction Collection (AEC Collection) von Autodesk. Diese setzt sich aus verschiedenen Software-Bausteinen zusammen und unterstützt somit durchgängige Workflows.
- Für eine bessere Tief- und Infrastrukturbauplanung: Civil 3D unterstützt BIM für eine verbesserte Design- und Konstruktionsdokumentation bei der Tiefbauplanung.
- Neue Wege bei der Infrastrukturplanung: Die InfraWorks-Software unterstützt verbundene BIM-Prozesse, so dass Architekten und Bauingenieure Infrastrukturprojekte in einem realistischen Kontext planen können.
- Entwickelt für Building Information Modeling: Revit BIM-Software umfasst Funktionen für die architektonische Planung und Konstruktion, Gebäudetechnik, konstruktiven Ingenieurbau und Bauausführung. Revit unterstützt einen multidisziplinären, kollaborativen Entwurfsprozess.
- Projektprüfung für AEC-Fachleute: Mit Navisworks, der Software zur Projektprüfung, können Architekten, Ingenieure und Bautechniker integrierte Modelle und Daten zusammen mit allen Projektbeteiligten schon in der Bauvorbereitungsphase gesamtheitlich überprüfen und so die Projektergebnisse besser steuern.
Ausblick: IFC in der Infrastrukturplanung
Spricht man von BIM fällt zwangsläufig die Abkürzung IFC – Industry Foundation Classes. Ganz im Ursprung wurde bei der Entwicklung die Infrastrukturplanung ausgeklammert. Es gab Herausforderungen, da die Infrastrukturplanung mit Trassierung arbeitet und nicht mit den einzelnen Geschossen. Deswegen wird IFC aktuell weiterentwickelt. Es erfolgte also die Einführung des IFC Alignement. Das ist die grundlegende Beschreibung für lineare Bauwerke. Das IFC Alignement läuft parallel mit dem IFC Overall Architecture. Auf diesen beiden aufbauend werden die fachspezifischen Ausprägungen IFC Bridge, IFC Road, IFC Rail und IFC Tunnel immer weiter entwickelt.
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Bildquelle: Autodesk, N+P