03.12.2025 — Digitales Gebäude — Michael Illner

openBIM in der Praxis: IFC, CDE & BCF sinnvoll einsetzen

BIM ist keine Software, sondern ein Prozess zur kollaborativen Erstellung und Nutzung eines digitalen Zwillings. Wer frühzeitig klare Ziele definiert, Standards festlegt und offene Formate (IFC/BCF) beherrscht, gewinnt Qualität, Transparenz und Terminsicherheit – und macht sein Unternehmen fit für anstehende Anforderungen.

    openBIM in der Praxis: IFC, CDE & BCF sinnvoll einsetzen
    Michael Illner
    Über den Autor
    Michael Illner ist seit Februar 2025 als BIM-Consultant bei der N+P aktiv. Zuvor war er neben seiner Tätigkeit als BIM Development Manager, Consultant für BAU-Planungssoftware und Technischer Leiter auch in der Praxis als Zimmerermeister und Bauleiter tätig. Seine Erfahrungen hinsichtlich Einführung der BIM-Methodik, den zugehörigen Softwarelösungen, aber auch in der Baupraxis und -planung, bringt er nun gezielt in seine Beratungsarbeit bei N+P ein.

    Warum BIM? Vom 3D‑Modell zum belastbaren Datenprodukt

    BIM (Building Information Modeling) steht für eine durchgängige Arbeitsweise über Planung, Bau und Betrieb hinweg. Entscheidend ist nicht die reine Geometrie, sondern die Verbindung von Körpern und Informationen. Aus 3D wird so ein datengetriebenes Modell, das in jeder Phase Mehrwert stiftet: bessere Koordination in der Planung, weniger Nacharbeit auf der Baustelle, verlässlichere Daten im Betrieb.

    • Qualität & Transparenz: Frühzeitige, konsistente Daten („Frontloading“) reduzieren Nacharbeiten.
    • Terminsicherheit & Kostenkontrolle: Einheitliche Planstände und klar geregelte Übergaben.
    • Wiederverwendbarkeit im Betrieb: Ein sauberes As-Built-Modell ermöglicht zuverlässige Services und Effizienz im Facility Management.
    Was umfasst das Building Information Model?
    Was umfasst das Building Information Model?

    Wichtig: BIM funktioniert nur mit hoher Konsequenz, veränderten Prozessen und angepassten Mitarbeiterrollen wie z. B. BIM-Autor, Fachkoordination, Gesamtkoordination, BIM-Management etc. Auch Bürostandards wie Modellierungsrichtlinien, LOIN/Informationsbedarf, Exporteinstellungen usw. sind hierbei essenziell.

    openBIM statt nativer Workflows: IFC als „PDF der Baubranche“

    Im openBIM-Workflow arbeiten verschiedene Disziplinen mit unterschiedlichen Autorentools zusammen. Der Austausch erfolgt herstellerneutral über IFC:

    • IFC ist wie PDF: Ein austausch- und prüffähiger Modellstand, keine „weiterbearbeitbare“ Originaldatei. Änderungen entstehen im Autorentool, danach wird neu exportiert.
    IFC als PDF der Baubranche
    IFC als PDF der Baubranche
    • Versionen in der Praxis: Noch ist IFC 2×3 weit verbreitet; IFC4/4.3 setzt sich sukzessive durch (mehr Klassen, bessere Performance) – die Umstellung hängt u. a. von Software-Zertifizierungen ab.
    • Typische Hürden: Unterschiedliche Software-Interpretationen, mangelndes IFC-Know-how und unvollständige/inkonsistente Modelle – lösbar mit konsequenten Standards, Schulung und sauberen Exporteinstellungen.

    Closed vs. openBIM

    ClosedBIM kann in Projekten funktionieren, ist aber wenig anschlussfähig. OpenBIM ist in gemischten Teams die Realität – und politisch/regulatorisch gewollt. Zielbild: Big openBIM (mehrere Disziplinen, mehrere Tools, einheitliche Austauschregeln).

    openBIM vs. closedBIM
    openBIM vs. closedBIM

    CDE: Die gemeinsame Datenumgebung als Rückgrat

    Ohne eine Common Data Environment (CDE) wird eine zeitgemäße Zusammenarbeit schwierig. Die CDE steht als Basis für den „Single Source of Truth“, für jeweils nur eine jetzt versionierte Datei, an deren Stelle vormals viele Dateien mit „Projekt1_aktuell“ und „Projekt1_neu“ oder mit Datum oder anderen Endungen abgelegt wurden.

    Generell steht eine CDE im Mittelpunkt des Projektes als Grundlage für Modelle bzw. für Projektdateien, Pläne, Dokumente, einschl. modellbezogener Kommunikation bzw. Aufgaben oder „Issues“ für Projektbeteiligte – geregelt mit Rechten, Versionierung, Workflows und Freigaben.

    Ziele:

    • Konsistenz ohne Redundanz, weniger Suche, weniger Medienbrüche
    • Bessere Kollaboration durch modellbezogene Kommunikation
    • Nachvollziehbarkeit & Archivierung entlang ISO 19650/VDI 2552

    Dadurch wächst vor allem auch das Vertrauen in den aktuellen Planungsstand.

    BCF: Probleme dort lösen, wo sie entstehen – direkt im Modell

    Während IFC den Datenaustausch regelt, standardisiert BCF (BIM Collaboration Format) die Kommunikation über diese Daten. Ein BCF-Issue enthält eine beschreibende Notiz, Zuständigkeiten, Status – und vor allem eine Kameraposition bzw. Modellansicht, die alle Beteiligten exakt an dieselbe Stelle führt. Das vermeidet Missverständnisse („Welcher Durchbruch war gemeint?“) und verkürzt die Korrekturschleifen erheblich.

    Aufbau und Inhalte eines BCF-Issue
    Aufbau und Inhalte eines BCF-Issue

    In der Praxis sieht das so aus: Eine Kollision zwischen Stahlträger und Betonwand wird als Issue erfasst, automatisch mit einem Screenshot versehen und einer zuständigen Person zugewiesen. Diese springt aus dem eigenen Autorentool direkt in die richtige Ansicht, behebt die Ursache und dokumentiert die Lösung. Die CDE sorgt derweil für Nachvollziehbarkeit und stellt sicher, dass der Status transparent bleibt – bis zur Erledigung.

    Rahmen in Deutschland: BIM Deutschland, Bundesbau & buildingSMART

    • BIM Deutschland bündelt Leitfäden & Vorlagen (AIA, BAP etc.) und treibt die digitale Transformation voran.
    • BIM im Bundesbau (Masterplan): Einführung in 3 Stufen mit 19 Anwendungsfällen – abhängig von der Projektgröße. Das erhöht die Relevanz offener Standards und verbindlicher Prozesse.
    • buildingSMART entwickelt und pflegt die openBIM-Standards: IFC, BCF, MVD, IDM sowie neuere Bausteine (IDS, UCM) und zertifiziert Software/Schulungen.
    Offene Standards nach buildingSMART
    Offene Standards nach buildingSMART

    Schauen Sie sich die Aufzeichnungen der BIMuniversity 2025 an.

    BIMuniversity Aufzeichnungen

    Kompakte BIM-Impulse aus der Praxis – für Ihren Projekterfolg

    Der Weg zur BIM‑Reife: Strategie, Standards, Pilot, Skalierung

    Der Einstieg gelingt schrittweise. Beginnen Sie mit Zielen, konkretisieren Sie Standards und verankern Sie den Prozess in Tools und Organisation.

    1. Strategie klären – Wo stehen wir, warum und wofür?

    Analysieren Sie den aktuellen Stand in Ihrem Unternehmen und bei Ihren Partnern: vorhandene Kompetenzen, Prozesse, Datenflüsse und verfügbare Ressourcen für das Projekt. Definieren Sie darauf aufbauend klare Ziele und Anwendungsfälle – zum Beispiel:

    • Optimierte Planung
    • Modellbasierte Kollisionsprüfung
    • Konsistente Dokumentation
    • Strukturierte Datenübergabe an das Facility Management.

    Aus diesen Zielen ergeben sich Rollen, Verantwortlichkeiten und die technische Strategie: Welche Autorentools werden genutzt, wie erfolgt die Prüfung und Koordination, welche CDE-Lösung wird eingesetzt, und wie werden BCF-Prozesse integriert?

    2. Standards definieren – Wie?

    Legen Sie ein einheitliches Fundament für die Modellarbeit fest: Modellierungsrichtlinien, Informationsbedarfe (LOIN), Namenskonventionen und IFC-Exportprofile bilden die technische Basis. Ergänzen Sie diese um ein gestuftes Qualitätssicherungssystem – vom Autor über die Fachkoordination bis zur Gesamtkoordination – sowie einen verbindlichen Issue-Prozess auf Basis von BCF.

    3. Pilotieren – Wo starten?

    Beginnen Sie mit einem überschaubaren Pilotprojekt, das ein realistisches Risiko-Nutzen-Verhältnis bietet.

    Definieren Sie messbare Erfolgskriterien, z. B.:

    • Reduktion der Kollisionsquote und Prüfzeiten
    • Verkürzte Freigabe-Durchlaufzeiten
    • Vollständige und konsistente Daten

    Das Pilotprojekt dient dazu Standards, Rollen und Abläufe zu testen und zu dokumentieren.

    4. Skalieren & verbessern – Wie wachsen?

    Nutzen Sie die Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt, um einen strukturierten Roll-out-Plan zu entwickeln. Begleiten Sie die Skalierung durch gezielte Trainings und Coachings – etwa zu IFC-Versionen (2×3 → 4/4.3), CDE-Workflows oder modellbasierter Qualitätssicherung. Messen Sie den Fortschritt kontinuierlich über definierte KPIs wie Nacharbeitsquote, Prüfzeiten oder Datenqualität, um den Reifegrad gezielt zu steigern.

    Fazit

    OpenBIM entfaltet seinen Nutzen, wenn IFC, BCF und CDE zusammenspielen – organisatorisch verankert, technisch sauber umgesetzt und kontinuierlich verbessert. Mit klaren Zielen, schlanken Standards und einem realistischen Pilotprojekt erzielen Teams rasch sichtbare Ergebnisse und bauen Kompetenzen auf, die jedes Folgeprojekt stabiler machen.

    Bildquellen: Der BIM-Manager – Mark Baldwin, Building Information Modeling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, Autodesk, buildingSMART e. V., N+P

    Michael Illner
    Über den Autor
    Michael Illner ist seit Februar 2025 als BIM-Consultant bei der N+P aktiv. Zuvor war er neben seiner Tätigkeit als BIM Development Manager, Consultant für BAU-Planungssoftware und Technischer Leiter auch in der Praxis als Zimmerermeister und Bauleiter tätig. Seine Erfahrungen hinsichtlich Einführung der BIM-Methodik, den zugehörigen Softwarelösungen, aber auch in der Baupraxis und -planung, bringt er nun gezielt in seine Beratungsarbeit bei N+P ein.

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