Betreiberverantwortung und deren Unterstützung durch die Digitalisierung

13. September 2018 CAFM Digitalisierung

Das Stichwort Digitalisierung in Bezug auf Gebäude- und Landschaftsarchitektur sowie Immobilien wird oftmals nur mit Planung und Bau in Verbindung gebracht. Das ist nur eine einseitige Sichtweise. Der Blogbeitrag geht auf die unterstützende Funktion digitaler Systeme hinsichtlich der Betreiberverantwortung ein.

Das Wissen um eine Möglichkeit und die Anwendung einer Digitalisierungsstrategie sollte auch im Betrieb von Gebäuden einen Mehrwert und Nutzen generieren. Speziell bei den Pflichten der Betreiberverantwortung geht es hierbei nicht nur um einen monetären, sondern auch um den ideellen Mehrwert, seinen gesetzlichen Pflichten nachweisbar nachkommen zu können.

Relevanz der Betreiberverantwortung

Betreiberverantwortung ist ein häufig unterschätztes Thema. In der GEFMA-Richtlinie 190 wurde im Jahr 2004 erstmalig die „Betreiberverantwortung im Facility Management“ definiert. Was damals zum Teil belächelt wurde, gehört heute zu den Grundvorrausetzungen beim Betrieb von Gebäuden und Asset-Werten. Kaum ein Marktteilnehmer in den Branchen, die mit Immobilien, technischen Anlagen und sogar mit Außenanlagen in der Haftpflicht stehen, kommt daran vorbei.

Ein Grund dafür, dass dieses Thema in den letzten Jahren so stark in den Fokus gerückt ist, sind beispielweise Unfälle, die medienwirksam dargestellt wurden. Jedem in Erinnerung ist dabei der Dacheinsturz der Eishalle in Bad Reichenhall, der bereits 2006 die Öffentlichkeit erschütterte.

Dabei ist das Recht auf körperliche Unversehrtheit in Art. 2 Abs. 2 GG verankert. Und doch können sich aus dem Betrieb von Gebäuden und Anlagen Gefahren oder Nachteile für Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder sonstige Rechte von Personen oder für die Umwelt ergeben. Daher wird jedem Unternehmen, das im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit Gebäude betreibt, vom Gesetzgeber die Verantwortung dafür auferlegt, alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um diese Gefahren oder Nachteile zu vermeiden oder zu verringern.

GEFMA-Richtlinienwerk

Bild 1: Die GEFMA 190 ist fest im Richtlinienwerk verankert

Die Gesetzeslage wurde aus diesem Grund in den vergangenen Jahren verschärft. Betreibern von Gebäuden und technischen Anlagen drohen weitreichende Konsequenzen, wenn sie keine ausreichenden Vorkehrungen zur Unfallvermeidung treffen. Mit der geplanten Neufassung der GEFMA 190 im Jahr 2018 sollen diese Aspekte aufgegriffen und durch eindeutige Definitionen bisherige Missverständnisse, z. B. zwischen Gebäudeeigentümer und –betreiber, geklärt werden.

Wer ist Betreiber?

Die bisherige GEFMA-Richtlinie 190 definiert den Betreiber als denjenigen, der

  • ein Grundstück mit einem Gebäude im Eigentum besitzt,
  • ein Gebäude mit gebäudetechnischen Anlagen betreibt,
  • als Arbeitgeber fungiert, d. h. Arbeitnehmer beschäftigt,
  • Arbeitsplätze und/oder Arbeitsmittel bereitstellt.

Die Betreiberverantwortung erstreckt sich über das gesamte im Eigentum stehende Grundstück inklusive aller angrenzenden Flächen, wie z. B. Außenanlagen, Spielgeräte, Pausenplätze, Wege, Zugänge oder Parkplätze.

Pflichten für Betreiber

Sowohl Besitzer und Betreiber von Gebäuden mit gebäudetechnischen Anlagen als auch Arbeitgeber und Personen, die Arbeitsplätze oder Arbeitsmittel bereitstellen, tragen Betreiberverantwortung. Die Pflichten, die dem Betreiber durch den Gesetzgeber auferlegt werden, lassen sich in drei Kategorien gliedern:

Übersicht für Betreiber

Bild 2: Zur „Betreiberverantwortung. Das Wichtigste auf einen Blick.“ hat der TÜV Rheinland eine Broschüre erstellt.

  • Persönliche Pflichten
  • Unternehmenspflichten
  • Spezielle Betreiberpflichten

Persönliche Pflichten betreffen natürliche Personen. Dazu zählen Organisationspflichten, Führungspflichten und Durchführungspflichten.Die Unternehmenspflichten lassen sich einteilen in

  • Pflichten gegenüber den Beschäftigten
  • Pflichten gegenüber Dritten
  • Pflichten gegenüber den Behörden
  • Pflichten gegenüber der Umwelt

Besonders interessant sind die speziellen Betreiberpflichten. Diese bestehen beim gewerblichen Betrieb von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen. Sie sind notwendig, da beim Betrieb von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen sowie bei der Nutzung von Arbeitsstätten und Arbeitsmitteln besondere Gefahren für Sicherheit und Umwelt bestehen können. Zu den speziellen Betreiberpflichten gehören u. a. die Prüfung vor Inbetriebnahme, Prüfung nach prüfpflichtigen Änderungen, Hygienemaßnahmen, die Instandhaltung sowie die Wahrung der Betriebs- und Verkehrssicherheit.

Ein Betreiber kann seine Betreiberpflichten an spezialisierte Mitarbeiter oder externe Fachfirmen übertragen, z. B. im Rahmen eines Facility Management-Vertrages. Eine restlose Befreiung des Betreibers von jeglicher Verantwortung scheidet jedoch aus. Verletzungen der Pflichten können Bußgeld, Kündigung, Berufsverbot oder sogar Freiheitsstrafen nach sich ziehen.

Unterstützung der Betreiberverantwortung durch digitale Systeme

Zur Betreiberverantwortung gehört es, den ordnungsgemäßen Gebäudebetrieb sicherzustellen. Daraus leiten sich zahlreiche Aufgabenstellungen ab. Digitale Systeme können bei Maßnahmen, die z. B. bei der Instandsetzung sowie Wartung und Inspektion anfallen, unterstützen.

CAFM – Computer Aided Facility Management

Fehlermeldung

Bild 3: Meldung einer Störung sowie Darstellung der Anzahl der offenen Störungen

Zur Wahrung des reibungslosen und vor allem sicheren Gebäudebetriebs stehen Betreiber vor der Herausforderung, neben der zeitnahen Behebung von anfallenden Störungen ebenso die Termine, die zur Feststellung und Beurteilung des aktuellen Gebäude- und Anlagenzustands dienen, fristgerecht durchzuführen. Verteilte Standorte oder eine Vielzahl von technischen Anklagen erschweren es, den Überblick zu behalten und das Auftragsmanagement effektiv zu bearbeiten.

Eine CAFM-Lösung, wie SPARTACUS Facility Management®, unterstützt mit einem durchgängigen Workflow zur optimierten Durchführung der Instandsetzung sowie Inspektion, Prüfung und Wartung inklusive der dazugehörigen Auftragsabwicklung dabei, die Betreiberverantwortung umfänglich wahrzunehmen. Dabei werden alle Prozesse abgedeckt – von der Störungsmeldung, -behebung bis zur termingerechten Durchführung von geplanten Maßnahmen. Dazu gehören neben der Planung, Durchführung, Steuerung, Dokumentation und Verrechnung von Instandhaltungsmaßnahmen auch die Generierung von Arbeitsaufträgen und Verfolgung der Realisierung mit Termin- und Kostenkontrolle sowie Erinnerungsfunktionen aus gemeldeten Störungen und zyklischen Aktivitäten.

BIM – Building Information Modeling

Interoperabilität von SPARTACUS und Revit

Bild 4: Übergabe von FM-Daten von SPARTACUS nach Revit

Die Nutzungsphase eines Gebäudes verursacht den Großteil der Kosten innerhalb des Gebäudelebenszyklus. Das Konzept von Building Information Modeling unterstützt Betreiber bei

  • der Identifikation von Einsparpotenzialen
  • der Zusammenführung von wertvollen Daten, die während einer früheren Phase im Gebäudeentstehungsprozess und im späteren ordnungsgemäßen Gebäudebetrieb entstehen
  • der Übersicht der in der Nutzungsphase eines Gebäudes (Gebäudelebenszyklus) verursachten Kosten
  • dem Auftragsmanagement von z. B. Betreiber und/oder Facility Manager

 

Mittels der Anreicherung des Gebäudemodells mit Informationen aus dem Facility Management in der Planungs- und Bauphase können Betriebskosten frühzeitig kalkuliert und gegebenenfalls noch Änderungen bei der Planung berücksichtigt werden. Außerdem wird durch BIM sichergestellt, dass es beim Übergang vom Gebäudebau in den -betrieb nicht zu Informationsverlusten kommt. Damit werden eine effiziente Inbetriebnahme und ein sicherer Gebäudebetrieb gewährleistet. Darüber hinaus sind auch nachträgliche Prüfungen des Gebäudemodells bei Gesetzesänderungen, z. B. hinsichtlich Brandschutz, möglich. Eine intelligente Kopplung zwischen SPARTACUS Facility Management und der Planungssoftware Autodesk Revit ermöglicht die nahtlose Integration des Gebäudemanagements in die BIM-Strategie.

AR – Augmented Reality

Augmented Reality

Bild 5: Funktionsmuster zur Darstellung der offenen Störungen im Raum

Augmented Reality (AR) bezeichnet die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung. Das heißt, die reale Welt wird mit alphanumerischen, grafischen und multimedialen Informationen angereichert, um diese gezielt zur Unterstützung von Prozessen und Entscheidungen zu nutzen.

Auch FM-Prozesse können durch visuelle Zusatzinformationen angereichert werden und damit die Effektivität der Vorgangsbearbeitung steigern. Folgende Themen werden für die Wahrnehmung der Betreiberverantwortung in Zukunft eine immer größere Rolle spielen:

Übersicht der Maßnahmen: Alle zu erfüllenden Aufgaben eines Mitarbeiters werden mit dem aktuellen Status über den betreffenden FM-Objekten auf dem Kamerabild eingeblendet.

Übersichtsanzeige von Wartungszyklen und Aufträgen: Alle Wartungszyklen und Aufträge mit aktuellen Informationen werden über den betreffenden FM-Objekten bzw. technischen Anlagen auf dem Kamerabild angezeigt.

Industrie 4.0

Fertigungs- und FM-Daten scheinen im ersten Moment nicht nah beieinander zu liegen. Im Zuge von Industrie 4.0, welches auf den Einzelaspekten durchgängige Integration, Datenerfassung und -auswertung, Datenverarbeitung und -steuerung sowie Datenvisualisierung basiert, wird es aber das Ziel sein, alle anfallenden Daten miteinander in Verbindung zu bringen. Das heißt, FM-Daten zur Fabrikhalle sowie zu den darin enthaltenen technischen Anlagen sollten mit den Fertigungsdaten kombiniert werden.

Die Visualisierung aller Informationen in einem digitalen Modell ermöglicht eine Gesamtbetrachtung sowie die Identifikation von Wechselwirkungen. So kann man beispielsweise sofort erkennen, ob die Störung einer technischen Anlage einen direkten Einfluss auf die Fertigung und natürlich die Sicherheit hat. Voraussetzung für die transparente Datendarstellung ist natürlich eine Verknüpfung vom ERP- und MES-System mit dem digitalen CAFM-/BIM-Modell.


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Bildquelle: pixabay

 


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