Building Information Modeling, kurz BIM, gewinnt im Alltag von Handwerksbetrieben mehr und mehr an Bedeutung, insbesondere in den Bau- und Ausbaugewerken sowie auch in der Gebäudetechnik soll BIM der neue Standard bei der Planung und Realisierung von Bauprojekten werden. Doch weshalb wird eine digitale Transformation in diesen Unternehmen benötigt?
Wie sehen die aktuellen Rahmenbedingungen im Baugewerbe aus?
Die Nachfrage nach Unternehmen in der Baubranche ist groß, das Auftragsvolumen sehr hoch. Es gibt hochqualifizierte Fachkräfte in den entsprechenden Gewerken und aufgrund der Zuwanderung, ergibt sich das Potenzial für neue Fachkräfte. Moderne Maschinen und Geräte vereinfachen und beschleunigen die Arbeiten im Bauwesen.
Doch es gibt auch wesentliche Schattenseiten: geringe Produktivität auf der Baustelle, Kollisionen mit anderen Gewerken, Lieferung falscher Materialien, unterschiedliche Aufmaße, nicht aktualisierte Pläne, ausufernde Bürokratie und durch die Unattraktivität der Branche gibt es einen Mangel an Nachwuchskräften.
Welche Chancen birgt BIM für Baugewerke und Gebäudeausrüster?
BIM ist ein intelligenter, auf einem 3D-Modell basierender Prozess, in dem alle am Planungsprozess Beteiligten Zugang zu allen relevanten Informationen eines virtuellen Gebäudemodells erhalten. Der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes wird dabei digital abgebildet.
1. Chance | Funktion der Baugewerke als Schnittstelle
Baugewerke können sich innerhalb des BIM-Prozesses als Schnittstelle entwickeln, sie planen die einzelnen notwendigen Arbeiten im Gebäudemodell und liefern alle relevanten Daten und Informationen aus dem Bestandsgebäude für das Gebäudemodell.
Bisher sind alle Bauphasen unterbrochen und die Arbeiten erfolgen nicht Gewerke-übergreifend. Verschiedene Gewerke (Maurer, Dachdecker, Fensterbauer etc.) arbeiten unabhängig voneinander mit ihren eigenen Maßen, Plänen und Materialien. Sollte es hier beispielsweise zu Änderungen kommen, werden diese nur in den seltensten Fällen an ein anderes Gewerk weitergegeben.
Die Folge: Verlust von für das Bauprojekt relevanten Informationen und Daten. Die Nutzung von BIM bringt somit einige Vorteile für den Bauablauf: Permanente Einsicht in Planungs- und Detailänderungen, optimale Abstimmung aller am Bauprojekt Beteiligten, Vermeidung von Planungsfehlern, Verkürzung von Bauabläufen, Zeit- und Kostenersparnis, Simulation mit unterschiedlichen Ausführungen und Werkstoffen.
2. Chance | Erschließung neuer Tätigkeitsfelder im Baugewerk
Bisher hat ein Bauunternehmen einen Auftrag zu einem bestimmten Bauabschnitt eines Bauprojekts erhalten und die beauftragten Arbeiten ausgeführt. Durch BIM ergeben sich nun neue mögliche Jobpositionen, beispielsweise in der Arbeitsvorbereitung.
Es kann im virtuellen Gebäudemodell zuvor ausprobiert werden, welche Materialien sich zum Beispiel für welche Bauabschnitte am besten eignen. Auch kann eine digitale Anleitung erstellt werden, wie zum Beispiel ein Fenster im Bauprojekt eingesetzt werden muss. Für diese Planungsarbeiten werden Personen benötigt, welche sich mit BIM-Software auskennen.
3. Chance | Beteiligung von Kleinstunternehmen am BIM-Prozess
Auch Kleinstunternehmen der Baubranche (4-5 Mitarbeiter) können am BIM-Prozess mitwirken ohne für sie unzumutbare Investitionen zu tätigen. Große Unternehmen können kleine Firmen als Subunternehmen für Bauprojekte beauftragen und sie mit den entsprechenden, für die Bauleistung notwendigen Arbeitsmitteln ausstatten. Die Kleinstunternehmen sind somit unmittelbar an der BIM-Methodik beteiligt und stellen letztendlich dem Großunternehmen ihre Arbeitsleistung in Rechnung.
Welche Vorteile bietet die Arbeit mit modernen Plattformen und Lösungen?
1 | Dokumentenverwaltung inklusive mobiler Datenzugriff
Um alle auf einer Baustelle beteiligten Gewerke stets mit aktuellen Daten und Dokumenten zu versorgen, bietet sich als Lösung ein gemeinsamer Datenpool wie z. B. Autodesk BIM 360 an. Alle Projektbeteiligten, welche wohlmöglich auch von verschiedenen Standorten aus zusammenarbeiten müssen, erhalten mit dieser Software Zugriff auf aktuelle Planungs- und Projektdaten (auch CAD-Daten) mit der Möglichkeit zum Up- und Download der Daten, sowohl vom Computer, als auch vom Smartphone und Tablet.
2 | Dokumentation
Nach Abschluss eines Bauprojektes erfolgt die Übergabe aller für das Bauprojekt relevanten Daten an den Bauherren/Auftraggeber. Mit Hilfe der Schaffung eines gemeinsamen Datenpools (z. B. BIM 360), welcher schon während der gesamten Bauphase mit allen relevanten Informationen gefüllt wird, können diese gesammelten Daten ohne eine aufwendige Dokumentation am Ende der Baumaßnahme an den Bauherren übergeben werden.
3 | Versionsvergleich
Planungsänderungen bei Bauprojekten lassen sich nur mit hohem Aufwand anhand eines Nebeneinanderlegen der alten und neuen Pläne nachvollziehen, wodurch die anschauliche Kommunikation der Änderung nicht möglich ist. Mit einer Plattform wie Autodesk BIM 360 lassen sich Änderungen am Bauprojekt und dessen Pläne visualisieren. Geänderte, hinzugefügte oder auch gelöschte Bauteile können hervorgehoben werden und machen somit eine anschauliche Planungsbesprechung sowie eine einfache Kommunikation möglich.
4 | Mängelmanagement
Ein auf der Baustelle sehr aufwendiger, papierbasierender Prozess ist das Erfassen von Mängeln. Die Abarbeitung der Mängel ist jedoch wesentlich für eine termingerechte Übergabe des fertiggestellten Bauprojektes an den Bauherren. Auch hier bietet z. B. Autodesk BIM 360 als Online-Plattform die Möglichkeit, alle Mängel zu listen, auf welche alle Projektbeteiligten Zugriff haben. Somit erfolgt die Abbildung eines gemeinsamen und mobilen Mängelmanagementsystems, welches eine zügige Abarbeitung der Mängel ermöglicht.
5 | Baustellenbegehung
Die Datenerfassung auf der Baustelle erfolgt durch die Bauleiter oftmals mit Papier, Stift und Fotoapparat (bzw. Smartphone). Da hier jedes Gewerk seine eigene Arbeitsweise hat, kann es zu doppelter Datenerfassung kommen. Die Auflistung der Daten erfolgt in einer Excel-Tabelle und wird per Email weitergeleitet. Eine Verknüpfung der erfassten Daten und dem Gebäudemodell gibt es nicht. Eine einheitliche und mobile Datenerfassung kann auf Basis der Planungsdaten mit Autodesk BIM 360 erfolgen. Ebenso können Änderungen und Notizen auf Basis der Planungsdaten hinzugefügt werden, welche in Echtzeit durch alle Projektbeteiligten einsehbar sind.
Empfehlungen für den Einstieg in BIM
Grundvoraussetzung für die Digitalisierung im Unternehmen ist das Vorhandensein einer Vision, Geduld und Investitionsbereitschaft. Alle Beteiligten sollten über eine Softwarelösung verfügen, die einen Datentransfer und Datenaustausch über geeignete Schnittstellen erlaubt sowie genügend Kapazitäten zum cloudbasierten Arbeiten. Um das für die BIM-Methodik entsprechende Fachwissen zu erlangen, empfiehlt sich ein Erfahrungs- und Wissensaustausch mit Experten. Flache Hierarchien im Unternehmen und kurze Entscheidungswege sind ebenfalls von Vorteil. Dies spart Zeit und Kosten. Nicht zu vergessen sind auch die Mitarbeiter des Unternehmens. Um deren Ängste und Bedenken hinsichtlich der Digitalisierung aus den Weg zu räumen, sollte eine entsprechende Transparenz bezüglich Neuerungen im Unternehmen vorliegen.
Fazit: BIM ist keine vorrübergehende Modeerscheinung. Die Methodik beschreibt einen tiefgreifenden Wandel im Bauwesen und bietet die Möglichkeit, die derzeit negativen Aspekte des Handwerks in zukünftige Chancen zu wandeln. Somit ist die einfache Antwort auf die einleitend gestellte Frage: Die digitale Transformation dient dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit im Baugewerbe.
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Bildquellen: Autodesk, ©Wayne0216@shutterstock