Vorausschauende Wartung im Mittelstand

5. Juni 2019 Digitalisierung

Mit jeder Minute Produktionsstillstand verlieren Unternehmen Geld, obwohl Sie in Wartungsarbeiten investiert haben. Wir zeigen Beispiele, wie vorausschauende Wartung positive Effekte in der Herstellung von unterschiedlichen Produkten erzielen kann.

Was ist Predictive Maintenance?

Vorausschauende Wartung (engl. Predictive Maintenance) ist ein Wartungsvorgang, der auf der Auswertung von Prozess- und Maschinendaten basiert. Damit sollen Instandhaltungsmaßnahmen möglichst präzise vorausgeplant und unerwartete Ausfälle vermieden werden. Durch diesen Vorgang soll es möglich sein, einen Techniker mit der Behebung eines Problems zu beauftragen, bevor es überhaupt entsteht.

1. Beispiel: Vorausschauende Wartung in einer Druckerei
Stellen wir uns vor in einer Druckerei, die täglich Zeitungen und Prospekte druckt, senden die Lager der Druckmaschine Signale, die der Maschine zu verstehen geben, dass diese bald nicht mehr funktionsfähig sein werden. Ein System zeichnet die Signale auf, interpretiert sie und leitet sie an einen Mitarbeiter weiter, sodass dieser einen Techniker konsultieren kann, bevor ein teurer Ausfall entsteht.

Wie funktioniert vorausschauende Wartung?

Versetzen wir uns in die Lage eines Unternehmens, in dem Sensoren einer Anlage verschiedene Parameter während der Produktion messen (z. B. Temperatur, Druck, Spannung). Diese Daten werden in Echtzeit verarbeitet, analysiert und interpretiert. Somit kann ein Großteil der Inspektion parallel zum Betrieb der Anlage laufen. Anhand von Erfahrungswerten und den erfassten Daten prognostiziert die Anlage mögliche Störungen und Ausfälle. Daraufhin ist der optimale Zeitpunkt zur Wartung bestimmbar, was die Ausfallzeiten minimiert.

Vorausschauende Wartung erfolgt in 3 Schritten:

  1. Digitale Erfassung von Daten
  2. Bewertung und Analyse der Daten
  3. Vorhersagen wahrscheinlicher Ergebnisse

2. Beispiel: Vorausschauende Wartung in der Lebensmittelindustrie
Angenommen in der Produktionsstrecke für Gummibärchen befindet sich eine pneumatische Anlage. Diese schiebt im Sekundentakt immer ein „Blech“ Gummibärchen auf die nächste Produktionsstufe. Die Analyse mittels Sensoren zeigt, dass der Druck in einem Lager der Maschine langsam aber stetig abfällt. Ein System erfasst aus bestehenden Daten, dass dies in zwei bis fünf Tagen zu einem Ausfall der Maschine führt, da das Lager eines Wechsels bedarf. Dank dieser Erkenntnisse können Sie einen Techniker konsultieren, der die Anlage während des Schichtwechsels wartet. Außerdem können Sie ihm direkt mitteilen, welches Teil benötigt wird. Durch die Minimierung der Stillstandskosten entstehen so geringere Wartungs- (Problemsuche durch Techniker entfällt) und Ausfallkosten.

Worin besteht der Unterschied zu herkömmlichen Wartungsplänen?

Sie haben bereits einen Wartungsplan und sehen keine Dringlichkeit diesen zu verändern? Im Folgenden zeigen wir Ihnen die Vorteile gegenüber starren Wartungsplänen auf. Bei diesen werden Anlagen nach einer bestimmten Zeit oder nach einer bestimmten erbrachten Leistung gewartet.

Wartungsplan nach einer bestimmten Zeit

Ölwechselintervall Auto
Beim Auto wird meist ein Ölwechsel nach zwei Jahren empfohlen. Viel besser ist es jedoch, wenn das Auto selbst die Ölqualität erkennt oder analysiert, dass man überwiegend Kurzstrecken gefahren ist, die zu einem Abfall der Ölqualität führen können und so eine Empfehlung für den Ölwechsel ausspricht, sobald dieser tatsächlich nötig ist. So ist es möglich, dass dieser dann früher als nach zwei Jahren anfällt. Langfristig führt dies jedoch zu einer längeren Lebensdauer des Motors.

Wartungsplan nach einer erbrachten Leistung

Turnuswechsel in der Fertigung
In der Produktion ist es nicht unüblich die Wartung nach erbrachter Leistung durchzuführen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass ein Roboterarm, der Fliegengitter aus dem Zuschnitt hebt, nach 10.000 Fliegengittern gewartet wird. Besser wäre jedoch, wenn der Roboterarm selbst bemerkt, wann eine Wartung nötig ist. So ist es durchaus möglich, höhere Stückzahlen zu realisieren, ohne Ausfälle befürchten zu müssen.

An den Beispielen können Sie erkennen, dass sowohl Ausfallkosten, z. B. durch unterbrochene Produktion, als auch Wartungskosten, indem Sie nur warten, wenn es auch wirklich nötig ist, mit vorausschauender Wartung optimiert werden können.

So können Sie auch die Serviceroutine verbessern, da Sie nicht mehr vom externen Partner an die teure Wartung erinnert werden müssen, sondern selbst genau erkennen, wann diese nötig wird. Das ermöglicht Ihnen, den Wartungsprozess genau zu verstehen und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen.

Mit einer Softwarelösung (z. B. NuPMES) können die in der Produktion entstandenen Statusmeldungen in Form von „in Produktion“, „in Stillstand“, „in Wartung“ oder „in Rüstung“ gesammelt und verarbeitet werden. Ebenfalls können Werte aus Sensoren, wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Druck (z. B. Luft, Öl) einfließen. Dies bildet die Grundlage Ihrer IoT-Plattform, da es die Produktivität Ihrer Maschinen darstellt.

Dennoch machen starre Wartungspläne z. B. im Zusammenhang mit gesetzlichen Bestimmungen Sinn. Mit SPARTACUS Facility Management® können Sie anhand von Checklisten die Wartungsstände überprüfen. Es besteht außerdem die Möglichkeit, aus importierten Sensordaten Reports zu erstellen.

Grafik-Inspektion-Wartung-Wartungszyklus

Definition des Wartungs­zyklus für eine technische Anlage in  SPARTACUS Facility Management®

Wie kommt die vorausschauende Wartung ins Unternehmen?

Wichtig für die Etablierung einer vorausschauenden Wartung im Unternehmen ist eine durchdachte Planung und eine konsequente Erfolgsmessung. Diese sollte mittels Faktoren wie Ausfallquoten, Dauer der Stillstandszeiten oder Qualität/Geschwindigkeit der Fehlerbehebung messbar gemacht werden.

Punkte für Ihr Konzept können beispielsweise sein:

  • Zu erreichende Ziele
  • Analyse bestehender Geräte und Maschinen
  • Ggf. Nachrüstungen
  • Daten über die Wahrscheinlichkeit von Stillstandszeiten oder von ungeplanten Ausfällen
  • Form des Datenaustausches zwischen Geräten, Maschinen und Software
  • Vorhandene Schnittstellen, Datenmodelle und Analysemöglichkeiten
Grafik-Implementierung-Vorausschauender-Wartung

Implementierung einer vorausschauenden Wartung

3. Beispiel: Vorausschauende Wartung in Fertigungsunternehmen
Stellen wir uns vor, ein Automobilhersteller bemerkt, dass beim Ausfall einer einzelnen Maschine und der dadurch nicht fristgerechten Lieferung eines Bauteils, alle nachgelagerten Produktionsstufen betroffen sind. Fällt also eine Pressmaschine aus, sodass keine Motorhauben mehr produziert werden, so können diese auch nicht in der Karosserie verbaut werden. Dementsprechend kann der Motor nicht eingesetzt werden. Selbst wenn der Fehler behoben ist, rollt die Produktion nur langsam wieder an, da zunächst alle nachgelagerten Produktionsstufen die Produktion „aufholen“ müssen. Daher fasst das Unternehmen den Entschluss, die vorausschauende Wartung einzuführen. Ziel ist es, die Ausfallzeit um 40% zu senken. Die Geräte sind bereits auf dem neuesten Stand, sodass nur eine entsprechende Software nachgerüstet werden muss. Aufgrund der guten Vernetzung des Unternehmens funktioniert der Datenaustausch problemlos. Durch eine strenge Kontrolle des Systems, wird eine deutliche Steigerung der Wirtschaftlichkeit erkannt.

Welche Herausforderungen birgt Predictive Maintenance?

Trotz des vielversprechenden Ansatzes kann es bei der Einführung von vorausschauender Wartung Hürden geben. Sind Ihre Maschinen noch nicht mit den entsprechenden Sensoren ausgestattet, ist es nicht zwingend nötig diese komplett zu ersetzen. Mittels einer Umrüstung, dem sogenannten Retrofit, werden alte Maschinen intelligent gemacht, sodass hilfreiche Werte über Sensoren erfasst werden können. Lesen Sie alles zum Thema im Beitrag Retrofit: Alte Maschinen fit machen für Industrie 4.0.

Eine weitere Herausforderung stellt die Verarbeitung der riesigen Datenmengen dar, die nötig sind, um verlässliche Aussagen über den Zustand von Maschinen und Anlagen zu treffen. Diese müssen gespeichert, verarbeitet und mithilfe intelligenter Algorithmen analysiert werden. Hierzu eignen sich Techniken aus dem Big-Data Umfeld, welche die Daten z. B. vorsortieren und nur „kritische“ Informationen speichern.

Vorteilhaft wäre es auch, wenn die Geräte „die gleiche Sprache sprächen“. Das ist durch standardisierte Protokolle und Schnittstellen, welche die Interoperabilität gewährleisten, möglich.

Die Vorteile vorausschauender Wartung noch einmal zusammengefasst:

1. Verbesserung der Wirtschaftlichkeit

  • Bessere Planung von Ressourcen für Instandhaltungsarbeiten (Ersatzteile, Personen)
  • Optimiertes Ersatzteilhandling
  • Erhöhte Anlagenverfügbarkeit durch Reduktion ungeplanter Ausfälle und Verringerung von Stillstandzeiten
  • Kosteneinsparungen ggü. routinemäßiger/zeitabhängiger vorbeugender Wartung
  • Erhöhte Lebensdauer der Maschinen

2. Optimaler Wartungszeitpunkt

  • Wartung optimal in Produktionsprozess integrierbar

3. Verbesserung der Maschinenleistung

  • Weniger Unfälle mit negativer Auswirkung auf die Umwelt/Mitarbeiter
  • Erhöhte Anlagensicherheit
  • Monitoring von Produktionsbedingungen liefert schon während der Produktion Rückschlüsse auf die Qualität des Endproduktes
  • Durch permanente Analyse gesammelter Daten lässt sich Leistung der Maschine verbessern und auf Dauer höhere Produktivität erzielen

Dieser Blogbeitrag erläutert die verschiedenen Vorteile von Predictive Maintenance. Die Beispiele zeigen, dass das Prinzip für verschiedenste Bereiche anwendbar ist. Dabei wird die Effizienz von Produktion und Fertigung gesteigert. In unserem kostenlosen Whitepaper finden Sie weitere Vorteile, die IoT im Mittelstand bietet und erfahren, worauf Sie bei der Implementierung achten müssen.

Download IoT-Whitepaper

IoT-Einstieg durch Förderung

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie mittelständischen Unternehmen zu den Themenfeldern Industrie 4.0, Cyber-Physische Systeme (CPS) und Internet der Dinge (IoT).

Gegenstand der Förderung sind Einzelvorhaben zur Entwicklung oder Erprobung neuer Produkte und Prozesse sowie deren Weiterentwicklung, zur Entwicklung innovativer Systemansätze sowie zur Entwicklung digitaler Dienstleistungen. Bei Unternehmen mit unter 1000 Mitarbeitern ist eine Förderung von bis zu 50 % der Investitionssumme möglich. Die maximale Fördersumme liegt bei 100.000 EUR. Die Lösungen können in einem breiten Spektrum von Anwendungsfeldern und Branchen zur Anwendung kommen: Maschinenbau und Automatisierung, Mobilität und Logistik, Gesundheit und Medizintechnik, Energie und Umwelt sowie IKT-Wirtschaft.

Kontaktieren Sie uns und wir sprechen gemeinsam mit Ihnen über Ihr IoT-Projekt und die Fördermöglichkeiten.

 

Bildquelle: ©senivpetro@freepik


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